Produktkostenoptimierung in der Industrieproduktion

Aus Kostendruck wird Marktvorsprung

Industrial Goods production line
07.10.2025 | Artikel

Die Herstellung industrieller Güter – von Maschinen über Elektronik und Energieanlagen bis hin zu Spezialfahrzeugen – stellt einen enormen Wirtschaftsfaktor dar. Allein in der EU beschäftigt die Branche rund 30 Millionen Menschen, erwirtschaftet einen Umsatz von 9,8 Billionen Euro und trägt fast ein Viertel zur gesamten Wertschöpfung bei. Doch die Margen geraten zunehmend unter Druck: Schwankende Energiemärkte, steigende Personalkosten und wachsende Aufwendungen für die Einhaltung von Nachhaltigkeits- und Digitalisierungsauflagen belasten die Profitabilität. Hinzu kommen globaler Wettbewerb, technologische Umbrüche und Kundenanforderungen nach kürzeren Lieferzeiten sowie individuell zugeschnittenen Lösungen. Hersteller müssen daher mehr Leistung zu geringeren Kosten liefern. Jeder Prozentpunkt Effizienz wirkt sich unmittelbar auf Wettbewerbsfähigkeit und Marktanteile aus. Verstärkt wird dieser Druck durch asiatische Wettbewerber, die gleichwertige, jedoch günstigere Produkte liefern. Niedrigere Lohnkosten, hohe Produktionskapazitäten und zunehmend anspruchsvolle Ingenieursleistungen lassen traditionelle Preisvorteile in Europa und Nordamerika dahinschmelzen. Diese Marktdynamik zwingt viele Führungskräfte der Branche, ihre Kostenstruktur – maßgeblich geprägt durch Materialkosten – kritisch zu hinterfragen. Da diese üblicherweise 40-50 Prozent der Gesamtkosten ausmachen und von komplexen globalen Lieferketten abhängen, bieten sie ein erhebliches Potenzial für operative und strategische Optimierung.

Materialkosten sind in vielen Branchen der Fertigungsindustrie der größte Kostentreiber.

Materialkosten sind in vielen Branchen der Fertigungsindustrie der größte Kostentreiber.

Materialkosten sind in vielen Branchen der Fertigungsindustrie der größte Kostentreiber.
Materialkosten sind in vielen Branchen der Fertigungsindustrie der größte Kostentreiber.

Warum Kostenoptimierungsprogramme oft scheitern 

Vielen Unternehmen fällt es schwer, Kostensenkungsprogramme konsequent umzusetzen. Die Hindernisse sind dabei meist organisatorischer, nicht methodischer Natur. Entwicklung, Einkauf und Produktion arbeiten oft in Silos mit unterschiedlichen Zielen. Verlässliche Kostendaten sind nicht zentral zugänglich, was faktenbasierte Entscheidungen erschwert. Zudem liegt der Kostenfokus häufig fast ausschließlich im Einkauf – Entwicklung und Konstruktion haben selten klare Anreize, Kosten schon in der frühen Entwicklungsphase zu berücksichtigen. Diese Barrieren führen dazu, dass selbst gut gemeinte Initiativen wirkungslos bleiben. Umso wichtiger ist ein strukturierter, integrierter Ansatz, der Maßnahmen über vier Hebel hinweg koordiniert: Prozesse, Design, Verträge und Strategie. In Kombination ermöglichen sie kurzfristige Effizienzgewinne und langfristige strukturelle Verbesserungen. Richtig umgesetzt, lassen sich damit Produktkosten um bis zu 20 Prozent senken – und gleichzeitig Kostenbewusstsein dauerhaft in die Organisation verankern.

 

Vier Hebel für nachhaltige Kostenoptimierung 

  1. Prozessoptimierung (0-2 Jahre, 2-5 Prozent Einsparpotenzial) 

Prozessverbesserungen senken Kosten schnell und wirksam – ohne dass Produkte neu konstruiert oder größere Investitionen nötig wären. Der Fokus liegt auf effizienterer Fertigung, Montage, Logistik und Qualitätssicherung. Prinzipien der Schlanken Produktion helfen, Verschwendung und unnötige Arbeitsschritte zu eliminieren. Vereinfachungen wie das Ersetzen gebogener Teile durch gepresste Komponenten oder das Reduzieren von Bearbeitungsschritten beschleunigen Abläufe. Montagefreundliche Produktgestaltung – etwa durch selbstjustierende Bauteile, weniger Verbindungselemente oder den Einsatz von Clips statt Schrauben – verkürzt Fertigungszeiten. Auch in der Logistik lassen sich Kosten durch reduzierte Verpackung, den Wegfall von Zwischenlieferanten und optimierte Materialflüsse senken. Qualitätssicherung kann effizienter werden, indem Stichproben anstelle von Vollkontrollen, angepasste Testumfänge oder „Poka-Yoke“-Systeme eingesetzt werden. Zusammengenommen führen diese Maßnahmen rasch zu messbaren Einsparungen. 
 

  1. Designoptimierung (1-5 Jahre, 5-20 Prozent Einsparpotenzial) 

Das Design eines Produkts ist einer der mächtigsten Hebel für nachhaltige Kostensenkungen. Sie erfordert enge Zusammenarbeit zwischen Entwicklung, Einkauf und Produktion – bietet aber enorme Hebelwirkung. Variantenmanagement durch Standardisierung von Bauteilen, Reduktion überflüssiger Produktvarianten und vermehrte Nutzung bestehender Komponenten vereinfacht Portfolios. Funktionsintegration, vereinfachte Geometrien und weniger Materialkomplexität steigern Effizienz. Mit „Design-for-X“-Prinzipien wird sichergestellt, dass Produkte von Anfang an optimal beschaffbar, herstellbar, montierbar und wartbar sind. Zudem hilft die konsequente Ausrichtung an den tatsächlichen Kundenbedürfnissen, Überdimensionierungen zu vermeiden. So werden nicht nur Kosten gesenkt, sondern oft auch Leistung und Kundenzufriedenheit verbessert. 
 

  1. Vertragsoptimierung (1-3 Jahre, 2-15 Prozent Einsparpotenzial) 

Wenn technische Anpassungen begrenzt sind, bieten kommerzielle Maßnahmen in Einkauf und Lieferantenmanagement flexible Möglichkeiten zur Kostensenkung. Voraussetzung sind starke Verhandlungskompetenzen und transparente Kostendaten. Mit Instrumenten wie „Should-Cost“-Modellen, „Bottom-up“-Kalkulationen und indexbasierten Preisklauseln lassen sich Preise faktenbasiert neu verhandeln. Wettbewerbsdruck durch strukturierte Ausschreibungen, Auktionen oder „Reverse Auctions“ kann die Konditionen zusätzlich verbessern. Volumenbündelung innerhalb oder über Geschäftseinheiten hinweg schafft Skaleneffekte. Durch „Best-Cost-Sourcing“ können zudem günstigere Beschaffungsmärkte erschlossen werden – sofern Risiken angemessen gemanagt werden. 
 

  1. Strategische Maßnahmen (3-5 Jahre, 15-20 Prozent Einsparpotenzial) 

Strategische Veränderungen betreffen die gesamte Wertschöpfungskette und bieten das größte langfristige Potenzial. Sie sind komplex, aber hochwirksam. „Make-or-Buy“-Entscheidungen helfen, sich auf Kernkompetenzen zu konzentrieren. Eine engere Einbindung von Lieferanten – bis hin zu gemeinsamer Entwicklung, Gewinnbeteiligung oder Rahmenverträgen – kann Kosten und Qualität nachhaltig verbessern. Dies wiederum stärkt strategisch wichtige Partner und steigert deren Leistungsfähigkeit. Schwankende Rohstoffpreise lassen sich durch Absicherungsstrategien wie den Einsatz von Finanzinstrumenten oder durch Lagerhaltung besser kontrollieren. Strategische Hebel verbessern nicht nur die Kostenstruktur, sondern auch Resilienz, Skalierbarkeit und Innovationskraft. 

Die vier zentralen Hebel zur Kostensenkung: Vertrag, Strategie, Prozess und Produktdesign.

Die vier zentralen Hebel zur Kostensenkung: Vertrag, Strategie, Prozess und Produktdesign.

Die vier zentralen Hebel zur Kostensenkung: Vertrag, Strategie, Prozess und Produktdesign.
Die vier zentralen Hebel zur Kostensenkung: Vertrag, Strategie, Prozess und Produktdesign.

Den größten Effekt erzielen Unternehmen, wenn sie die vier Hebel zu einem abgestimmten Gesamtprogramm verbinden. Dies erfordert klare Verantwortlichkeiten, strukturierte Steuerung und funktionsübergreifende Zusammenarbeit. Am Anfang steht die systematische Sammlung von Ideen, deren Priorisierung nach Wirkung und Umsetzbarkeit und die konsequente Umsetzung. Transparente Daten und ein Wettbewerbsanalyse liefern die Grundlage, digitale Simulationen beschleunigen die Bewertung möglicher Maßnahmen. Pilotprojekte ermöglichen schnelle Erfolge, die anschließend auf weitere Produktlinien, Regionen oder Lieferanten ausgeweitet werden können.

 

Kostenoptimierung als strategische Notwendigkeit

Steigende Beschaffungs- und Produktionskosten sowie anhaltender Margendruck machen deutlich: Kostenoptimierung darf kein einmaliges Projekt sein, sondern muss zu einer dauerhaften operativen Disziplin werden – einer strategischen Fähigkeit, die tief in Produktentwicklung, Beschaffung und Performance-Management verankert ist. Nur so entsteht ein wiederholbarer, nachhaltiger Prozess, der Effizienzgewinne in dauerhafte Wettbewerbsvorteile verwandelt.

Das Vier-Hebel-Modell – Prozess, Gestaltung, Vertrag, Strategie – bietet den Bauplan, um kurzfristige Entlastungen mit langfristiger Transformation zu verbinden. Die integrierte Abfolge der Maßnahmen über verschiedene Zeithorizonte und Funktionen hinweg schafft Flexibilität, erhöht die Resilienz und ermöglicht es, auf künftige Kostensteigerungen, regulatorische Änderungen und neue Kundenanforderungen wirksam zu reagieren. Richtig eingesetzt, wird Kostenoptimierung damit zu einer Chance, Konkurrenten zu überholen und gestärkt als Marktführer aus der Krise hervorzugehen. 

 

Kernaussagen

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Materialkosten machen bis zu 50 Prozent der Gesamtausgaben aus – Kostenoptimierung ist daher ein strategisches Muss.
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Ein strukturierter Ansatz über vier Hebel kann Einsparungen von bis zu 20 Prozent ermöglichen – abgestimmt auf verschiedene Zeithorizonte.
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Prozess- und Vertragshebel sichern kurzfristige Erfolge – Gestaltungs- und Strategiehebel bestimmen die langfristige Wettbewerbsfähigkeit.

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Dirk Pfitzer, Senior Partner Baubranche, Energiewirtschaft, Industriegüter
Dirk Pfitzer
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