Consumer Health für die Generation Z

Rezeptfreie Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel als neue Wachstumstreiber

13.10.2025 | Artikel

Der Markt für Consumer Health (Verbrauchergesundheit) wächst dynamisch. 2024 lag das weltweite Marktvolumen bei 571 Milliarden USD.1 Für Hersteller und Handel eröffnet sich ein Feld, das längst über die klassische Gesundheitsversorgung hinausgeht. „Over-the-Counter“-Arzneimittel (nicht verschreibungspflichtige Medikamente, kurz OTC) und Nahrungsergänzungsmittel (u.a. Vitamine, Mineralstoffe, Protein) entwickeln sich zu Wachstumstreibern an der Schnittstelle von Gesundheit, Lifestyle und Konsum.

Der deutsche OTC-Markt umfasst mittlerweile ein Volumen von rund 10 Milliarden USD.2 Auch der Markt für Nahrungsergänzungsmittel wächst kontinuierlich und wurde für das Jahr 2024 auf rund 8 Milliarden USD taxiert.3 Und die Zahlen zeigen: Gesundheit ist längst nicht mehr nur eine Frage medizinischer Notwendigkeit, sondern Teil eines aktiven, präventiven Lebensstils. Für Hersteller entsteht damit ein margenstarkes Segment, für den Handel die Chance auf Differenzierung und Frequenzsteigerung.

Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel und digitale Gesundheitslösungen dominieren den Markt für Verbrauchergesundheit.

Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel und digitale Gesundheitslösungen dominieren den Markt für Verbrauchergesundheit.

Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel und digitale Gesundheitslösungen dominieren den Markt für Verbrauchergesundheit.
Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel und digitale Gesundheitslösungen dominieren den Markt für Verbrauchergesundheit.

Digitale Kanäle als neue Infrastruktur für Gesundheit

Die Marktstruktur verändert sich spürbar. Drogerieketten wie dm bereiten den Einstieg in den OTC-Versandhandel vor – ein Schritt, der die bisherige Trennung zwischen Apotheken und Drogerien aufweicht. Mit digitalen Beratungstools, QR-Code-basierter Inhaltsaufklärung und Social-Proof-Kampagnen an den Regalen verlagert sich das klassische Verkaufsgespräch zunehmend in mobile Kanäle. Digitale Player wie DocMorris und Shop-Apotheke festigen ihre Rolle als zentrale Zugangsplattformen, während gesund.de die Brücke zwischen Online-Bestellung und lokaler Apotheke schlägt. Parallel entstehen neue Kooperationen: Große Drogerieketten arbeiten mit Start-ups wie dermanostic zusammen, um dermatologische Beratung und Produktempfehlungen direkt in den Verkaufsraum zu integrieren – für eine nahtlose Experience über Diagnose, Beratung und Kauf hinweg. Alles ohne Medienbruch: Denn Konsumenten vergleichen, bewerten und kaufen heute in Echtzeit, meist über das Smartphone im Markt. Über den Vertrieb hinaus verändern sich auch die Konsummuster. Kunden erwarten zunehmend, dass Gesundheitsprodukte so einfach zugänglich sind wie Kosmetik oder Fitnessartikel. Einfachheit, schnelle Verfügbarkeit und digitale Vernetzung werden schlichtweg erwartet. 

 

Zielgruppe Generation Z

17 Prozent der Ausgaben für Schönheits- und Pflegeprodukte kommen heute von Menschen unter 30. Die Generation Z (Gen Z) – geboren zwischen 1997 und 2012 – verändert den Gesundheitsmarkt grundlegend. Rund elf Millionen Menschen in Deutschland zählen zu dieser Altersgruppe. Sie sind mit digitalen Technologien aufgewachsen und prägen Konsumverhalten, Kommunikation und Gesundheitsverständnis auf neue Weise. Für sie ist Gesundheit kein reaktives Thema, sondern Teil eines ganzheitlichen Lebensstils. Die Gen Z konsumiert präventiv, digital und werteorientiert. Ihr Fokus auf Wohlbefinden und Pflege geht weit über reine Ästhetik hinaus. Diese Generation ist überzeugt, dass wahre Schönheit in Gesundheit, Selbstvertrauen und emotionalem Wohlbefinden verankert ist. Sie integriert Nahrungsergänzungsmittel und OTC-Produkte in den Alltag, um Leistungsfähigkeit zu steigern, Schlaf zu verbessern, Stress zu reduzieren oder Haut und Haare zu pflegen. Während ältere Generationen entsprechende Produkte oft erst in Reaktion auf Beschwerden einsetzen, nutzt die Gen Z sie präventiv und als Bestandteil ihres Lifestyles.

Ihr Konsumverhalten ist zugleich digital geprägt. Kaufentscheidungen entstehen selten allein am Regal. Sie basieren auf Empfehlungen von Influencern, Community-Feedback und Vergleichsplattformen. Abomodelle und personalisierte Produktpakete finden hier besondere Resonanz, weil sie gute Verfügbarkeit mit einem Gefühl der Individualisierung verbinden. Gleichzeitig ist die Gen Z werteorientiert und preissensibel. Sie fordert Transparenz bei Inhaltsstoffen, Nachhaltigkeit in Verpackung und Produktion, sowie Authentizität in der Kommunikation. Hohe Qualität, ein gutes Preis-Leistungsverhältnis und günstige Preise beeinflussen primär ihr Kaufverhalten. Höhere Preise sind nur akzeptabel, wenn sie durch nachvollziehbare Qualität und Mehrwerte gerechtfertigt sind. Reine Premiumisierung ohne Begründung stößt dagegen schnell auf Ablehnung. Mit zunehmender Kaufkraft und finanzieller Unabhängigkeit, wird Gen Z den Markt für Verbrauchergesundheit mit ihrem besonderen Präferenzmuster weiter prägen. Da sie gerne mit verschiedenen Marken experimentieren, wird es für Marktteilnehmer herausfordernd, Loyalität aufzubauen. Marken, die jedoch nachweisbare Wirksamkeit ihrer Produkte, Transparenz und eine starke Präsenz in sozialen Medien bieten, haben gute Chancen, die Gen Z für sich zu gewinnen.

 

Soziale Medien als Wachstumsmotor

Trends in den sozialen Medien können innerhalb weniger Tage neue Nachfragespitzen auslösen. Nährstoff-Pulver oder Probiotika erlebten zuletzt virale Schübe über TikTok – mit unmittelbarer Wirkung auf den stationären Abverkauf. Für Handel und Hersteller bedeutet das, flexibel auf plötzliche Nachfrageverschiebungen reagieren zu müssen, ohne Margen durch Out-of-Stock-Situationen oder Überbestände zu gefährden.

Einer dieser Trends ist die Fitness- und Performance-Orientierung. Formate wie das Fitness-Event HYROX oder CrossFit prägen Verhaltens- und Kaufmuster: Nahrungsergänzungsmittel sind hier oftmals Teil der Wettkampfvorbereitung, nicht optionales Add-on. Regenerationspräparate, Immunbooster und Energy-Shots gehören in den Communities zur Grundausstattung. Die Analyse zeigt: die Begriffe #SleepSupport, #Immunity, #GutHealth und #GlowFromWithin zählen zu den wachstumsstärksten Hashtags im Gesundheits-Segment mit über zwei Milliarden Aufrufe auf TikTok. Hersteller, die in solchen Ökosystemen sichtbar sind, profitieren von einer beschleunigten Diffusion in den Mainstream – vergleichbar mit dem Siegeszug von proteinhaltigen oder zuckerarmen Produkten, die vom einstiegen Nischenprodukt für Kraftsportler eine Sortimentsausweitung von bis 80 Prozent in den letzten Jahren erfahren haben.4

Gleichzeitig erlebt der Markt für Verbrauchergesundheit eine starke Verschmelzung mit den Themen Schönheit und Lifestyle. Konsumenten wollen sich nicht nur gesund fühlen, sondern auch gesund aussehen. „Schönheit von innen“ – also Haut-, Nagel- und Haarpflege über Nahrungsergänzungsmittel wie Kollagen oder Hyaluronsäure – gewinnt kontinuierlich an Bedeutung. Unternehmen, wie Unilever erkennen den stark wachsenden Bedarf an funktionalen Schönheits- und Pflegeprodukten und investieren in Produktinnovationen. Konsumenten suchen zunehmend nach Produkten mit funktionalem Zusatznutzen. Insbesondere solchen, die mit natürlichen Inhaltsstoffen, Vitaminkomplexen oder gezielten Wirkstoffkombinationen formuliert sind.5 Marken aus der Kosmetikindustrie nutzen ihre Glaubwürdigkeit im Bereich Schönheit, um neue Produktlinien im Bereich Nahrungsergänzung einzuführen. Umgekehrt dringen klassische Pharma-Player mit lifestyle-orientierten Nahrungsergänzungsmitteln in Märkte vor, die früher ausschließlich Schönheits-Konzernen vorbehalten waren.

Ergänzt werden diese Trends durch Gesundheits-Apps und Wearables (wie etwa Smartwatches). Konsumenten tracken Schlafqualität, Stresslevel oder Vitalparameter und suchen aktiv nach Produkten, die ihre persönlichen Werte verbessern können. Erste Anbieter koppeln Nahrungsergänzungsmittel bereits mit App-gestützten Ernährungs- und Trainingsplänen. Diese Verknüpfung von Daten, Prävention und Produkt schafft ein neues Level an Kundenbindung, wenngleich mit hohen Anforderungen an den Datenschutz. Zugleich eröffnet dies Herstellern sowie Händlern die Möglichkeit, in eine kontinuierliche Interaktion mit Konsumenten einzutreten.

Damit wird deutlich: Verbrauchergesundheit ist nicht mehr allein von Krankheitssymptomen getrieben, sondern von Routinen, Idealen, virtuellen Communities und digitalen Services.  Die gesamte Customer Experience sollte konsequent datenbasiert gestaltet werden. Statt punktueller Gesundheitskampagnen zählt heute das „Always-on Engagement“: Eine kontinuierliche, personalisierte Ansprache über Apps, Chatbots und Retail-Media-Kanäle entlang der gesamten Customer Journey. Hersteller und Handel stehen vor der Aufgabe, diese Trends immer früher zu erkennen und in ihre Strategien zu integrieren – wer dies verpasst, läuft Gefahr, den Anschluss zu verlieren an eine Generation, die Gesundheitsprodukte als festen Bestandteil ihres Alltags etabliert.

 

Die neue Erfolgsformel: Schnell, smart, authentisch

Für Hersteller von Verbrauchergesundheits-Produkten bedeutet dies, ihre Strategien an drei Dimensionen auszurichten: Innovation, Geschwindigkeit und Kommunikation. Produkte müssen präventive Bedürfnisse adressieren wie beispielsweise Stressmanagement, Hautpflege, Schlafqualität, Immunabwehr und in alltagstauglichen Formaten verfügbar sein. Gummies, Shots oder funktionale Drinks sprechen eine jüngere Zielgruppe stärker an als klassische Tabletten. Die Lieferketten müssen darauf ausgelegt sein, Innovationen schnell und wirtschaftlich in den Markt zu bringen. Die hierzu notwendige Flexibilisierung im Netzwerk kann über die eigenen Produktions- und Distributionskapazitäten hinaus durch Partnerschaften und Auftragsfertiger hergestellt werden.

Von zentraler Bedeutung für unternehmerischen Erfolg ist dabei ein Produktportfolio, das die Bedürfnisse der Konsumenten bestmöglich abbildet. Konsumgüter­unternehmen analysieren ihr Portfolio derzeit besonders kritisch. Erfolgreiche Unternehmen setzen dabei auf eine Kombination aus organischem Wachstum durch Plattforminnovationen und gezielten Akquisitionen. So erschließen sie nicht nur wachstumsstarke Marken, sondern auch neue Vertriebskanäle, wie etwa der direkte Verkauf über die sozialen Medien. Diese Strategie ermöglicht schnellen Zugang zu neuen Zielgruppen und maximiert das Wachstumspotenzial.

Darüber hinaus entscheidet der Umgang mit Daten über den Erfolg. Wer heute Verbrauchergesundheit für Gen Z anbietet, muss verstehen, wie Kaufentscheidungen zustande kommen und welche Bedürfnisse im Alltag dominieren. Datenkompetenz bedeutet hier nicht nur Marktforschung, sondern die Fähigkeit, unter Wahrung des Datenschutzes Konsum-, Gesundheits- und Interaktionsdaten konsistent zu erfassen, zu verknüpfen und in Produkt- und Vermarktungsentscheidungen zu überführen. In der Markenführung gilt es, Lifestyle und wissenschaftliche Evidenz zu verbinden. Glaubwürdigkeit entsteht durch klinische Belege und transparente Kommunikation, Relevanz durch visuelle, digitale Ansprache und Community-Einbindung. Hersteller, die beides vereinen, schaffen Vertrauen und differenzieren sich in einem zunehmend kompetitiven Umfeld.

KI-Agenten können dabei Vorteile in der Effizienz und Wirksamkeit generieren: In der Forschung und Entwicklung unterstützen sie bei der systematischen Auswertung wissenschaftlicher Studien und Kundenfeedbacks, um Trends frühzeitig zu erkennen und Claims belastbar zu formulieren. In der Lieferkette helfen sie, Nachfragespitzen (z. B. durch saisonale Effekte oder virale Trends) zu prognostizieren und die Produktionsplanung dynamisch anzupassen. Im Commerce ermöglichen sie personalisierte Empfehlungen, die individuelle Bedürfnisse (z. B. „besser schlafen“, „klarere Haut“) in evidenzbasierte Produktempfehlungen übersetzen – kanalübergreifend und unter Einhaltung regulatorischer Vorgaben. Damit KI einen echten Mehrwert schafft, brauchen Hersteller jedoch eine neuartige Datenstrategie: konsistente Stammdaten, klare Taxonomien und ein durchdachtes Governance-Modell. Nur so lassen sich Geschwindigkeit, Personalisierung und Compliance in Einklang bringen. Verbrauchergesundheit wird auf diese Weise Teil eines vernetzten, digitalen Gesundheitsmarkts. Neueste Berechnungen zeigen: Der Markt für digitale und vernetzte Gesundheit wächst schneller als alle anderen Segmente.6

Der Markt für digitale und vernetzte Gesundheit verzeichnet das höchste durchschnittliche jährliche Wachstum.

Der Markt für digitale und vernetzte Gesundheit verzeichnet das höchste durchschnittliche jährliche Wachstum.

Der Markt für digitale und vernetzte Gesundheit verzeichnet das höchste durchschnittliche jährliche Wachstum.
Der Markt für digitale und vernetzte Gesundheit verzeichnet das höchste durchschnittliche jährliche Wachstum.

Sortimente digital denken

Auch für den Handel ist die Verbrauchergesundheit ein Wachstumsfeld, das eine klare Neupositionierung verlangt. Drogerien wie dm gehen bereits voran, indem sie OTC-Produkte ins Sortiment integrieren. Damit erweitern sie nicht nur ihr Angebotsportfolio, sondern schaffen zusätzliche Kundenfrequenz. Stationäre Apotheken sehen sich dagegen in der Pflicht, ihre Rolle neu zu definieren. Beratung und Vertrauen bleiben zentrale Stärken, doch ohne digitale Erweiterung verlieren sie an Reichweite. Plattformen wie gesund.de zeigen, wie digitale Infrastruktur genutzt werden kann, um stationäre Nähe mit Online-Verfügbarkeit zu verbinden. Vor allem sollten Sortimente klar strukturiert sein. Themenwelten wie „Immunstärkung“, „Schönheit von innen“ oder „Stress und Schlaf“ erleichtern Konsumenten die Orientierung. Preise sollten so gestaltet sein, dass Einstiege erleichtert und Wiederkäufe gefördert werden – etwa durch kleinere Einheiten, Bundles oder flexible Abo-Modelle.

Auch im Handel gilt: Datenkompetenz wird zur Pflichtübung. Wer Kaufverhalten nicht nur beobachtet, sondern systematisch interpretiert, kann durch digitale Beratungssysteme echten Mehrwert schaffen. KI-gestützte Shelf- oder Chat-Agenten sind in der Lage, Kundenbedürfnisse in Echtzeit zu erfassen, Produkte zu empfehlen und Zusatznutzen zu erklären – ob am Point of Sale oder online. Entscheidend ist dabei die enge Verzahnung von Daten und Sortiment: Empfehlungslogik muss sowohl Lagerbestände als auch Preispunkte berücksichtigen, um relevant zu sein. 

 

Kernaussagen

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Präventiv, digital und werteorientiert – die Generation Z definiert Gesundheit als Lifestyle und verändert damit die Spielregeln für Hersteller und Handel.
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Innovationen müssen schneller, flexibler und datenbasierter werden. Sortiment, Preisgestaltung und Beratung brauchen klare Zielgruppenorientierung.
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Wer Gen Z über alle Kontaktpunkte hinweg konsistent und glaubwürdig anspricht, gewinnt nicht nur kurzfristige Umsatzsteigerungen, sondern langfristige Marktanteile.

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Roman Hipp, Senior Partner Pharma & Medizintechnik Porsche Consulting
Dr. Roman Hipp
Branchenleiter Konsumgüter und Handel

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